Katar – Heimat der weltweit begehrtesten Naturperlen.
Begibt man sich in das reiche Emirat am Golf, entdeckt man überall, beispielsweise in der Hauptstadt Doha, Skulpturen, Bilder und einen künstlich angelegten Stadtteil, angelehnt an die goldene Zeit des Perlenfischens.
Katar erlebte eine Hochzeit des Perlenhandels Mitte des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, woraus sich die Stadt Zubara um 1850 im Nordwesten Katars zum zentralen Handelsknotenpunkt der Perlenfischerei hervortat.
Diese Perlen und Perlmuttprodukte erfreuten sich großer Beliebtheit als Schmuck oder Prestigeobjekt und wurden in Länder verkauft wie Großbritannien, Frankreich oder die Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Wert einer perfekten Perle von der Größe einer Murmel, aus Katar oder anderen Ländern aus der Golfregion, war zur damaligen Zeit nicht einmal vergleichbar mit den edelsten Diamanten der Welt. Die Golfperlen galten aufgrund ihrer Schönheit und Seltenheit als die wertvollsten ihrer Art.
Perlentauchen kann man gewissermaßen mit Glücksspiel vergleichen: nur eine von zehntausend Austern enthält eine der begehrten runden Orient-Perlen. Einer katarische Legende zufolge, dringen kleine Steine, umschlossen von Regentropfen, die vom Himmel fallen, in die Austern ein, wo sie über Jahre hinweg zu perfekten Perlen heranwachsen. Ganze Flotten, bis zum Rand gefüllt mit Tauchern, wurden in der damaligen Zeit entsendet und blieben bis zu sechs Monate auf See, um den begehrtesten aller Schätze zu bergen – die perfekte Perle. Männer unternahmen am Tag bis zu fünfzig oder gar hundert Tauchgänge zum zwanzig Meter tiefen Meeresgrund. Sie waren dabei nur spärlich gesichert mit einem dünnen Seil um ihre Hüften und einem zusätzlichen Geschirr um die Füße, welches zum ab- und auftauchen diente.
Taucherbrillen gab es nicht, nur eine Nasenklammer, ein Handschuh zum Auflesen der Muscheln sowie eine Austerntasche gehörten zur einfachen Ausrüstung. Wer es sich leisten konnte, trug einen dünnen Anzug aus Leinen, der vor Quallen schützten sollte. Anderen Gefahren hingegen waren die Taucher schutzlos ausgeliefert:
Viele Männer verloren ihr Leben durch Stiche von Rochen, Haiangriffe oder durch das Gift des Steinfisches. Blieben sie verschont von solch einem Schicksal, war häufig das Erblinden die Folge ihrer jahrelangen Tauchgänge durch den ständigen Kontakt mit Salzwasser.
Heutzutage begegnet man nur noch vereinzelt Perlentaucher, die wie in früheren Zeiten auf Perlenjagd gehen. Grund dafür war das Aufkommen japanischer und australischer Zuchtperlen, die nach 1930 das Ende des Perlenfischens in Katar einleiteten. Eine schwere Wirtschaftskrise war die Folge, da sich Katar voll und ganz auf die Perlenfischerei stützte und viele Bürger auswandern mussten, um anderweitig eine Lebensgrundlage zu finden.
Glücklicherweise wurden in den darauf folgenden Jahrzehnten reiche Gasvorkommen entdeckt, die den heutigen Lebensstandard der Kataris ermöglichen. Bis heute jedoch sind die Menschen der Halbinsel sehr stolz auf ihre Vergangenheit.
Katar ehrt die Perlentaucher mit dem alljährlich stattfindenden dreitätigen Katar- Marine-Festival, indem dreizehn Schiffe an einem Perlentauchwettbewerb teilnehmen und sportlich miteinander konkurrieren. Verbunden ist dieser kulturelle Brauch mit dem Singen von alten Seemannsliedern und dem Sprechen alter Gebete aus jener goldenen Seefahrerzeit. Es geht aber auch größer: Mit dem Bau von „The Pearl“ (arabisch للؤلؤة al-Lu’lu’a, al-Luʾluʾa ‚die Perle‘) entstand 2006 ein neuer Stadtteil in Anlehnung an die Zeit der Perlenfischerei.
Aus der Vogelperspektive erscheint der moderne Stadtteil, der eine vierhundert Hektar große künstliche Insel ist, wie eine Austernperle.
Möchte man sich heute noch einmal in die Zeit der Perlentaucher zurückversetzen, fährt man nach Doha – an die beeindruckende Promenade Corniche.
Dort sind gegenwärtig noch alte Perlenfischerboote zu sehen, die auf offener See versuchen, den größten Schatz der Welt zu heben – die perfekte Perle.
Links
» The Pearl- Ein moderner, künstlich angelegter Stadtteil in Doha
» Vision 2030 – Die Zukunftsvision von Katar